stromerforum.ch

Normale Version: Andy Rhis, BMC und Stromer [#1]
Du siehst gerade eine vereinfachte Darstellung unserer Inhalte. Normale Ansicht mit richtiger Formatierung.
Ein Flyer, der Inbegriff grundsolider, behäbiger Altersmobilität im Stromerforum – ein Sakrileg? Stimmt, die Marke aus Huttwil hat ihr Image im Lauf der Jahre gefestigt, nicht zuletzt durch die Attacke ihres damaligen Geschäftsführers gegen schnelle Elektrovelos. Doch es gibt eine Verbindung von Flyer zu Stromer…

[Bild: flyer_f_zps8ac1bce5.jpg]

Eine in loser Folge erscheinende Artikelserie zeichnet die Geschichte des Stromer nach. Kapitel 1: Andy Rhis, BMC und Stromer

1990 gewinnt der Basler Michael Kutter mit dem Dolphin die Tour de Sol in der Kategorie Elektrovelo. Bei den Drei- und Vierrädrigen Fahrzeugen waren Horlacher und Twike Namen, die bereits mit Kleinserien aufwarten konnten. Michael Kutter entwickelte den Dolphin weiter, Zahnriemen und Nabenschaltung, wirklich grosse Reichweite und Fahrkomfort waren die positiven Seiten- dennoch ging das Unternehmen kürzlich in Konkurs.

Ein gewisser, damals 17jähriger Thomas Binggeli verkauft 1991 das Kleinvieh, um im Stall des elterlichen Bauernhofs Platz für sein Velogeschäft „Thömus Veloshop“ zu machen.

Die BKTech AG brachte 1995 ihr erstes Elektrovelo auf dem Markt. Im Verwaltungsrat (und als Geldgeber?): Andy Rhis, der Markenname: Flyer. Auch dieses Unternehmen überlebte nicht, hinterliess 2001 seiner durch einen MBO entstandenen Nachfolgefirma jedoch den Flyer F (Bild oben). Mit diesem Fahrzeug war die nun Biketec AG genannte Firma fast auf der Höhe des Dolphin. Der damalige Geschäftsführer erkannte jedoch, dass der Massenmarkt den „Elektroschwan“ will.

Noch 2008 hat Thömus Veloshop die BionX-Stromer im Angebot. Es sind Strassenvelo Twinner mit BionX Motoren, die 25km/h Version ist ab 2‘980.— zu haben, das schnelle Topmodell mit XT Ausstattung und Citykit für 5‘480.-- Für 150.-- gibt’s die Federgabel dazu.

[Bild: rhis_bmc_stromer_zps32122cad.jpg]

Im Frühjahr 2009 der Hammerschlag: Der Stromer wird der Öffentlichkeit präsentiert. In Basel steht der schwarze Prototyp im Transa Veloladen – und hätte mehrfach vom Fleck weg verkauft werden können. Das Kick-Off vom 23. Mai 2009 vor dem Stade de Suisse in Bern gibt dem breiten Publikum Gelegenheit zur Probefahrt.

Die Bestellungen häufen sich, doch die Kapitaldecke ist dünn. Die Kunden werden um Vorfinanzierung angefragt. Ungefragt wird den Kunden Geduld abverlangt, die Auslieferung verzögert sich. Im November kommen die Stromer in grösserer Menge auf die Strasse. Vorerst ist weder Beleuchtung noch Zulassung verfügbar, die Papiere folgen bald, das Licht ein Jahr später.

Im Herbst 2009 ist Thömu auch klar, dass er die Marke Stromer auf eigene Beine stellen muss. Ein Geschäftsentwurf wird verfasst, ein Businessplan erstellt. Der enthält die übliche SWOT Analyse (biggest threat: Market entry of major players) sowie das Statement: „Der Stromer soll das iPhone der Elektrovelos sein“.

2010 wird die myStromer AG gegründet, im Hintergrund ist Ernst Thomke (als Geldgeber?) aktiv. Das Geschäft wächst rasant, bald werden mehr Stromer als Thömus Bikes verkauft. Auch die Modellpalette erfährt Änderungen, vom weissen Display und dem Motor mit unlackiertem Alugehäuse wird zügig Abschied genommen – und auch die Spitzengeschwindigkeit wird um 10km/h (!) gesenkt.

Die myStromer AG sucht diskret nach finanzkräftigen Partnern. Zunächst finden Gespräche in Deutschland statt; der dortige Markt konnte wegen diverser Widrigkeiten nicht erobert werden. Und plötzlich steht Andy Rhis vor der Tür und bietet Thömu seine Nachfolge an. So kommt Stromer 2011 zu BMC – und Andy Rhis ist wieder im Elektrovelogeschäft.
Wer hat's erfunden - die Schweizer!

Das gilt nicht nur für Kräuterbonbons, sondern auch für das Elektrovelo. Im Unterschied zum E-Töff muss beim Elektrovelo auch pedaliert werden, um voran zu kommen. Ein E-Bike hat den Hybridantrieb, der Pedaleur unterstüzt mit seiner Muskelkraft den Motor. Im Gentlemen's Report 24. März 2012 (einem Lifestylemagazin der NZZ) reklamiert Butch Gaudy die Erfindung des Elekrovelos für sich:

Zitat:"Vor knapp zwanzig Jahren, als ein junger Ingenieur in Gaudys Werkstatt eine Autobatterie an ein Mountainbike schraubte, dachte er: «What the heck!» Heute erleben Elektrovelos einen Boom. Obwohl Gaudy ein flexibler Ttyp ist, gefällt ihm dieser fliessende Übergang nicht: «Ein Töff ist kein Velo, und ein Velo wiegt keine 30 Kilogramm», sagt Purist Gaudy."

[Bild: DSC_5104_zpseddc795b.jpg]

Unbestritten sind die Verdienste von Butch Gaudys rund um MTB Cycletech. Aber erfunden wurde das Elektrovelo genauswenig in seiner Werkstatt wie es nicht von "Flyer" erfunden wurde. Obwohl die Firma in Huttwil ihr Roter Büffel genanntes Bastlerprodukt gerne als Urahn präsentiert, ist es nicht der Vorläufer der Elektrovelos sondern bestenfalls derjenige der Flyer. Die Verwendung eins Scheibenwischermotors hingegen (weil langsamlaufend) darf als wegweisend betrachtet werden. Siehe dazu die Antriebe von Bosch oder Brose.

Eine Erfindung unterscheidet sich von einer Idee oder einer Studie (oder einer Bastelarbeit) durch ihre Funktionsfähigkeit. Der weiter oben erwähnte Erfolg an der Tour de Sol 1990 stellt einen solchen Leistungsausweis dar.

[Bild: 12124560974_68f22f3218_b_zpsd29c7067.jpg]